Trauer um Trainer-Legende Paul Nickel
BCT-Ehrenmitglied starb 88-jährig / Formte ersten Traktorboxer zum Olympiasieger
Schwerin. Er war selbst ein Klasseboxer und formte später als Trainer seine Schützlinge beim damaligen SC Traktor Schwerin zu Spitzensportlern – Paul Nickel. Jetzt ist der Box-Veteran im Alter von 88 Jahren verstorben. Sportler und Mitarbeiter des BC Traktor trauern um den verdienstvollen Trainer, der noch im Februar 2019 in der Palmberg-Arena zusammen mit Box-Veteran Harry Jaskulke zum ersten Ehrenmitglied des Boxclubs ernannt worden war. Damals war die Traktor-Boxstaffel erstmals seit 1998 erneut Deutscher Mannschaftsmeister geworden.
Ehe der diplomierte Sportlehrer Paul Nickel in Schwerin ab 1960 Schüler, Junioren und später Senioren zu Spitzenathleten formte, war der aus Zerbst Zugezogene selbst ein Top-Boxer. „Paule Hammer", wie er wegen seiner beeindruckend schlagkräftigen Rechten auch genannt wurde, bestritt 257 Kämpfe, von denen er lediglich 21 verlor. 1957 erkämpfte Paul in Prag EM-Bronze - für die spätere Medaillenschmiede Traktor Schwerin die allererste Box-Europameisterschafts-Medaille.
Seinen sportlichen Gipfelpunkt als Traktor-Trainer erlebte Paul Nickel 1976, als seine von ihm seit Jahren trainierten Schützlinge Jochen Bachfeld (Weltergewicht) sensationell Gold und Richard Nowakowski (Federgewicht) Silber erkämpften bei den Olympischen Spielen in Montreal. Es war das erste Olympia-Edelmetall überhaupt für die Boxhochburg Schwerin. Den Triumph seiner Athleten im fernen Kanada musste Paul vor dem heimischen Schwarzweiß-Fernseher erleben; in den Augen einiger DDR-Sportfunktionäre galt der geradlinige Coach als unangepasster Charakter.
1977 wurde „Nowa" Nowakowski in Halle als erster Traktor-Boxer Europameister – der nächste Erfolg für Nickel. Doch der permanenten sportpolitischen Gängeleien überdrüssig, warf Paul Nickel 1979 schließlich das Handtuch als Trainer. Er wurde Gastwirt in der „Werderschenke" der Schweriner Schelfstadt – für viele Boxanhänger und -sportler schlicht die „Boxerkneipe".
Bis 2020 saß unsere Traktor-Trainer-Legende Paul, stets an seiner Seite Ehefrau Sieglinde, heiter und zu Scherzen aufgelegt, aber immer aufmerksam, regelmäßig im Schweriner Publikum unweit des Boxrings, ehe er ihm gesundheitsbedingt fernbleiben musste. Wie wir nun wissen – für immer. Paul Nickel ist am 8. November verstorben. „Paul war ein väterlicher Freund für mich – zwischen uns herrschte ein Riesen-Vertrauen", sagt Richard Nowakowski, der Paul Nickel bis zuletzt eng verbunden war und ihn noch kurz vor dessen Tod besucht hatte.
„Lieber Paul, Du warst nicht nur der geborene Trainer, der es immer verstand, seine Athleten auch in schwierigen Situationen zu motivieren", blickt Jochen Bachfeld zurück und betont: „Du warst auch ein feiner Mensch. Du wirst immer in unseren Herzen bleiben, Deine netten, flotten, motivierenden Sprüche werden in unseren Ohren und Erinnerungen bleiben. Wir werden Dich sehr vermissen."
Paul Nickels sportliche Sachkunde und Erfolge, sein starker Charakter und sein unverwüstlicher Humor werden unvergessen bleiben.
Text: Jürgen Schultz
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